Ostsee-Dorsche

Der Dorsch, der auch als „Kabeljau“ bezeichnet wird, nimmt je nach Lebensraum eine andere Färbung an. In der Algenwuchszone ist er rötlich oder grünlich, über Sandboden und in großer Tiefe ist er blassgrau.

Das Leben eines Dorsches

Ostsee DorscheDer Dorsch kann bis zu 25 Jahre alt werden. Seine Laichzeit variiert je nach Umweltbedingungen und Alter, liegt generell aber in der Zeit von März bis August. Dorsche ernähren sich von Krebsen, Würmern, Weichtieren und mit zunehmendem Alter auch von kleinen Fischen, wie etwa Sprotten.

Der Dorsch auf dem Teller

Der Dorsch ist als Speisefisch sehr bekannt und beliebt und daher auch von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Er wird vielseitig präpariert und zubereitet (z. B. als Tiefkühlkost, Fischstäbchen oder getrocknet als Stockfisch). Er ist seit jeher ein wichtiges Grundnahrungsmittel und Handelsgut der nordischen Länder. Heute sind die Bestände viel geringer als früher; deshalb ist Dorsch relativ teuer geworden.

Dorsche in der Ostsee

Die in der Ostsee beheimateten Dorsche sind aufgrund unterschiedlicher Besonderheiten dieses Binnenmeeres vielen natürlichen Schwierigkeiten ausgesetzt, die ihre Nachwuchszahlen großen Schwankungen unterwerfen.

Einer der widrigsten Umstände ist der außergewöhnlich langwierige Austausch des Ostseewassers, das mit ungefähr 21.600 Kubikkilometern nur die Hälfte des Volumens der Nordsee aufweist. Während durch Niederschläge und den Zustrom mehrerer großer Flüsse ständig (wegen der Eisschmelze jedoch besonders im Frühling) sehr viel leichtes Süßwasser in die Ostsee gelangt, gestaltet sich der Zufluss von sauerstoffhaltigem Salzwasser aus dem offenen Meer weitaus schwieriger, da die Ostsee nur durch die flachen Gewässer von Skagerrak und Kattegatt mit der Nordsee verbunden ist.

Nachdem die einströmenden Wassermassen diese schmalen Straßen passiert haben, stoßen sie zudem auf ein Bodenrelief aus sich abwechselnden Becken und Schwellen, die für sie oft nicht zu überwinden sind. Bis sich das Ostseewasser einmal komplett erneuert, verstreichen aus diesem Grund ungefähr 25 bis 30 Jahre. Außerdem ist sein Salzgehalt, der wiederum je nach klimatischen Bedingungen variieren kann, deutlich niedriger als in der Nordsee.

DorschDas häufigste Problem der Dorschbestände stellt ein an diese Umstände anknüpfendes Phänomen dar: Das aus der Nordsee einströmende Wasser besitzt aufgrund seines höheren Salzgehalts eine größere Dichte und schiebt sich deshalb als Tiefenstrom in die Ostsee. Über ihm lagert sich das leichtere, salzärmere Wasser ab. Dadurch entsteht eine Schichtung, die jeglichen Austausch zwischen den beiden Wasserschichten verhindert. Sobald der Sauerstoff im Tiefenwasser durch biologische Vorgänge verbraucht ist, herrscht anhaltend eine sauerstoffarme Tiefenwasserschicht vor, in der es sogar zu akutem Sauerstoffmangel kommen kann.

Doch genau hier in den Tiefen zwischen 50 und 60 Metern, die in der vergleichsweise flachen Ostsee in Bodennähe liegen, lebt und laicht der Dorsch. Im Gegensatz zu den anderen, in der Ostsee weit verbreiteten Fischen, wie etwa der Sprotte, besitzt der Dorschlaich keine sonderlich gute Schwebfähigkeit. Außerdem benötigt er einen Wassersalzgehalt von mindestens 11 Promille, um nicht abzusinken.

Solche Werte findet man nicht im Oberflächenwasser, sondern nur im Tiefenwasser, das von der Nordsee einströmt, und dann auch nur in den tieferen Becken, wie etwa im Danziger Tief, im Bornholm-Becken und im Gotland-Tief. Dort liegen die idealen Laichplätze des Dorsches in der Schicht zwischen salzarmem und salzreichem Wasser.

Wird die Sauerstoffversorgung zu knapp, kann der Laich nicht mehr überleben, geschweige denn sich entwickeln. Ohnehin sind alle Fischarten immer einer großen Sterblichkeits- und Fressrate ausgesetzt. Das bedeutet, dass ganze Jahrgänge nahezu ausbleiben. In den vergangenen Jahren war das besonders häufig der Fall. Manchmal bringen kräftige Westwinde und Sturmfluten mit starken Einströmungen aus der Nordsee Rettung, doch dies ereignet sich nur alle paar Jahre.

Der Kreislauf des Lebens

DorscheEine zweite Gefahr für die Dorschbrut bringen andere räuberische Fische, die im ökologischen Raum der Ostsee mit den Dorschen interagieren. Zwischen einzelnen Arten, die sich einen Lebensraum teilen, existiert innerhalb der Nahrungsketten oft ein sensibles System von Fressen und Gefressenwerden. Die im Wasser treibenden Eier und Larven einer Art können zu Beginn ihrer Entwicklung noch nicht aktiv schwimmen und sind somit eine leichte Beute für reifere bzw. ältere Tiere anderer Arten. So ist jedes Mitglied aller Arten zunächst Opfer und wird später, sofern es diese Phase überlebt, zum Räuber.

Diese Zusammenhänge gelten natürlich auch für die Dorsche. Ist beispielsweise der Bestand an Sprotten hoch, während der Dorschbestand niedrig ist, dann verschlechtert sich die Lage des Dorsches weiter. Da der Laich der Sprotten nicht von den unzuverlässigen Einströmungen aus der Nordsee abhängig ist und auch bei geringen Salzgehalten im sauerstoffreichen Oberflächenwasser schweben kann, haben die Sprotten große Chancen, heranzuwachsen. Sind sie dann erwachsen, fressen sie die Dorscheier.

Für die Zukunft verlieren die Sprotten dadurch gleichzeitig mit dem hohen Rückgang des Dorschbestands ihren natürlichen Feind. Sie können sich also noch stärker vermehren, im darauffolgenden Jahr noch mehr Dorschlaich fressen, und so weiter.

Wenn viel Wasser aus der Nordsee einströmt, kehrt sich dieser Kreislauf um. Die Dorsche können sich wieder besser vermehren. Und sollte in dem für sie günstigen Fall ein kalter Winter folgen, haben sie noch größere Chancen. Ein kalter Winter würde die Entwicklung des Sprottenlaichs in den für ihn typischen geringen Wassertiefen behindern und sich dadurch nachteilig auf den Sprottenbestand auswirken.